Guter Score, trotzdem insolvent – 5 Bonitätsirrtümer, die Unternehmen ruinieren können

Veröffentlicht am: 26. März 2025

Wenn der Score nicht die ganze Wahrheit sagt

Ein Geschäftspartner mit solidem Scorewert. Verträge unterschrieben, Lieferung freigegeben. Drei Wochen später: Insolvenzverfahren.

Was ist passiert? Ganz einfach: Der Score war zwar gut – aber er spiegelte nicht die wahren Risiken wider.

Viele Unternehmen und Entscheider verlassen sich auf Bonitätsscores als objektiven Maßstab. Doch Scores sind kein Frühwarnsystem. Sie basieren auf standardisierten, oft verzögerten Daten und lassen kritische Informationen außen vor.

In diesem Artikel zeigen wir fünf Bonitätsirrtümer, die in der Praxis immer wieder fatale Folgen haben – und erklären, wie du dich besser schützt.

1. Irrtum: „Ein guter Score ist gleichbedeutend mit aktueller Stabilität“

Viele verlassen sich auf den Scorewert als tagesaktuellen Indikator. Doch das ist ein gefährlicher Irrtum. Bonitätsscores – ob von Creditreform, CRIF oder anderen – beruhen meist auf historischen Daten:

Ein Unternehmen kann gestern noch als bonitätsstark gegolten haben – und heute zahlungsunfähig sein.

📌 Hintergrund: Scoring-Verfahren sind reaktiv, nicht prognostisch

Scores funktionieren wie statistische Rückspiegel – sie werten Vergangenheitsdaten aus und extrapolieren Risiken. Sie erkennen keine Marktveränderungen, keine Führungskrisen, keine externen Schocks. Genau das macht sie anfällig.

2. Irrtum: „Einwandfreies Zahlungsverhalten ist ausreichend“

Viele Score Systeme gewichten das Zahlungsverhalten besonders stark. Wer pünktlich zahlt, wird als bonitätsstark bewertet. Doch dieses Verhalten kann trügen.

Zahlungsverhalten kann selektiv sein – aber der Score sieht das nicht.

📉 Fallbeispiel: Strategisches Zahlungsverhalten

Ein mittelständisches Unternehmen mit 45 Mitarbeitern hatte laut Creditreform einen Score von 182 – also ein geringes Risiko. Es zahlte große Rechnungen pünktlich, um die Außenwirkung zu sichern. Gleichzeitig war die Leasingrate für Maschinen seit Monaten überfällig – ebenso wie das Gehalt für zwei Führungskräfte. Als ein Großkunde absprang, fehlten die Reserven – und die Insolvenz folgte.

3. Irrtum: „Die Schufa reicht für Geschäftspartner aus“

Ein weitverbreiteter Fehler, besonders bei Selbstständigen oder Kleinfirmen: Man holt eine SCHUFA-Auskunft ein – und denkt, damit sei die Prüfung erledigt.

Das Problem: Die SCHUFA ist auf Privatpersonen fokussiert. Sie liefert nur rudimentäre Informationen zu Einzelunternehmern oder Freiberuflern – oft fehlen Daten komplett.

Im B2B-Umfeld sind Wirtschaftsauskunfteien wie Creditreform, CRIF, Creditsafe oder Bürgel die relevanteren Quellen.

Außerdem gilt: Selbst bei Kapitalgesellschaften liefern Auskunfteien oft stark divergierende Ergebnisse. Deshalb ist es sinnvoll, mehrere Quellen zu vergleichen – und nicht blind einer Scorezahl zu vertrauen.

4. Irrtum: „Kapitalgesellschaften sind automatisch sicherer“

Rechtsform = Vertrauen? Nicht unbedingt. Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG wirken professionell – aber sie bieten keinen Einblick in das tatsächliche Risikoprofil.

Was Scores oft nicht oder nur oberflächlich erfassen:

Vertraue nicht der Form – prüfe die Substanz.

5. Irrtum: „Wenn die Bank einen Kredit vergibt, ist alles geprüft“

Ein weitverbreiteter Denkfehler: „Die Bank hat ja auch einen Kredit vergeben – dann kann die Bonität nicht so schlecht sein.“

Doch Banken verfolgen andere Ziele und Bewertungsmaßstäbe:

Bankkredit ≠ Bonitätszertifikat

🔍 Warum Scores oft nicht reichen – eine Systemkritik

Bonitätsscores sind standardisiert, günstig und massentauglich. Doch genau das ist ihr größtes Problem: Sie sind blind für das, was außerhalb der Norm liegt.

Sie erkennen nicht:

Scores messen das, was verfügbar ist – nicht das, was entscheidend sein kann.

🧠 So prüfst du Geschäftspartner wirklich richtig

Eine fundierte Bonitätsprüfung besteht aus mehreren Ebenen:

PrüfdimensionBeispielhafte Fragen
Finanzielle LageWie liquide ist das Unternehmen aktuell? Welche Verbindlichkeiten bestehen?
ZahlungsverhaltenGibt es Mahnprozesse oder Inkassoverfahren?
BranchenlageIst das Unternehmen in einer krisengefährdeten Branche?
StrukturWie sieht die Kundenverteilung aus? Gibt es Klumpenrisiken?
Führung & StrategieGibt es bekannte Veränderungen im Management?
AußenwirkungNegative Presse? ESG-Verstöße? Compliance-Probleme?

✅ Fazit: Bonitätsirrtümer vermeiden – mit Weitblick

Ein Score kann ein erster Indikator sein – aber niemals die ganze Wahrheit. Wer sich ausschließlich darauf verlässt, geht ein kalkuliertes Risiko ein – ohne es zu erkennen.

Die häufigsten Bonitätsfehler entstehen nicht durch falsche Daten – sondern durch falsche Interpretationen.

Gerade für KMU, Dienstleister oder Lieferanten kann ein einzelner Zahlungsausfall existenzbedrohend sein. Deshalb gilt: Vertraue nicht der Zahl – prüfe den Kontext.


📎 Weiterführend:

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